Leseprobe

(c) Stefan Wild, 2001



“Aufstehen!“ Mit einem derben Tritt in den Hintern wurde Lleh aus seinen Träumen gerissen. Er hatte das Gefühl schon seit Jahren nicht mehr geschlafen zu haben. Wie sollte er auch. Schließlich konnte man auf einer Galeere auch nicht schlafen; nur rudern.

Gerade als der Wächter ihn noch einmal treten wollte, rappelte sich Lleh auf und murmelte: “Bin ja schon wach. Ganz ruhig.“ “Wurde aber auch langsam Zeit, daß du wieder an die Arbeit gehst.“ Erschöpft setzte er sich hinter sein Ruder und fiel sofort in den monotonen Takt der Trommel ein.

Lleh war ein achtzehn Jahre junger Mann mit verbranntem Rücken und Schwielen an den Händen. Er wußte nicht, seit wann er auf dem Schiff der Sklavenhändler war und er wußte auch nicht, wie er dorthin gekommen war. Er wußte nur, daß er jetzt hier war und sich wie ein Sklave abarbeiten mußte. Es gefiel ihm nicht besonders und er war auch nicht dazu bereit, sich in näherer Zukunft damit abzufinden. Er wußte, daß er eigentlich ein anderes Leben kannte, aber er erinnerte sich nicht mehr daran. Als er gefangen genommen worden war hatte er sein Gedächtnis verloren, hatte man ihm gesagt. Seitdem war er hier auf diesem elenden Seelenverkäufer. Das einzige das er wußte war, daß er Lleh hieß und ein kleiner schmächtiger Junge gewesen war. Nach Wochen harter Arbeit an Bord hatte sich das geändert. Sein Körper war stärker geworden, seine Muskeln waren gewachsen und auch er selber war um mindestens einen Fingerbreit gewachsen. Zumindest fühlte er sich so. Wo vorher nur Geschwindigkeit und Wendigkeit gewesen waren, war jetzt auch noch Stärke. Aber er hätte sich eine andere Art sie zu bekommen gewünscht. Tag und Nacht zu rudern war auch nicht daß, was man sich so wünscht. Auch hatte er nicht die geringste Ahnung, wohin es ging. Man hatte ihn nicht als wertvoll genug befunden, ihm dies mitzuteilen. Und so ruderte er immer noch. Er hoffte nur, das es nicht mehr weit war. Mit jedem Tag spürte er die Arbeit mehr. Etliche seiner Mitruderer waren schon gestorben, weil sie die Strapazen nicht hatten ertragen können. Sie waren gerudert, bis nichts mehr aus ihren Körpern hatte kommen können. Da hatte man sie einfach über Bord geworfen. Sie waren sogar zu müde gewesen, um zu schwimmen.

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(c) Stefan Wild, 2001